Durchführungsmöglichkeiten – Durchflussmessungen in offenen Gerinnen

Durchflussmessungen in offenen Gerinnen – Durchführungsmöglichkeiten

Stellt sich die Aufgabe an einem größeren, breiteren, offenen Gerinne, z.B. an einem Fluss, Bach oder Bewässerungskanal, den Durchfluss feststellen zu wollen, ist die Frage nach der richtigen Vorgehensweise und einer geeigneten Messtechnik der erste Schritt.

Je nach gewünschter Genauigkeit der durchzuführenden Mengenmessung variiert die Vorgehensweise und die Wahl der Messtechnik.

Zur Auswahl stehen für temporäre Ermittlungen:

    • Die Messung mit einem Handmessgerät – d.h. die manuelle Messung von örtlichen Fließtiefen und Fließgeschwindigkeiten. Die Fließtiefen werden entweder manuell gemessen und eingetragen oder mit Hilfe eines Wasser-Ultraschall-Sensors. Die örtlichen Fließgeschwindigkeiten mechanisch mit Schaufelrädern, magnetisch-induktiv, Ultraschall-Doppler-Effekt-Verfahren oder Ultraschall-Kreuz-Korrelations-Verfahren.
    • Die Messung mit einem temporär installierten portablen Messgerät – Querschnitt-Aufnahme des Gerinne-Profils und Installation des Messpfades.
    • Die Messung über das Tracer-Verfahren – Mengenermittlung über Flüssigkeitsverdünnung, chemisches Auswerteverfahren. (hier nur erwähnt – nicht beschrieben)

In unserer Betrachtung widmen wir uns den ersten zwei (mechanischen) Möglichkeiten.

Nachfolgend werden beide Durchführungs-Möglichkeiten beschrieben und deren Fehlerquellen aufgezeigt.

Die Messung mit einem Handmessgerät:

Mit Handmessgeräten wird an zuvor festgelegten Stellen im Gerinne-Querschnitt, an Messlotrechten, die örtliche Fließhöhe und Fließgeschwindigkeit ermittelt. Nach Durchführung der Messung und Eingabe aller Lotrechtmaße und Fließhöhen, gibt das Gerät den ermittelten Durchflusswert aus.

Ein Handmessgerät zur Messung der örtlichen Fließgeschwindigkeiten kann mechanisch mit Schaufelrädern, magnetisch-induktiv, mit dem Ultraschall-Doppler-Effekt-Verfahren oder Ultraschall-Kreuz-Korrelations-Verfahren arbeiten.

    • Schaufelrad:
      Bei der mechanischen Version mittels Schaufelrad sind für den jeweiligen Schaufelrad-Typ unbedingt die angegebenen Geschwindigkeitsbereiche zu beachten. Die örtliche Geschwindigkeit wird direkt durch die Drehzahl des Schaufelrades bestimmt.
    • Magnetisch-induktiv:
      Bei der magnetisch-induktiven Messsonde, wird die Geschwindigkeit punktuell, direkt im Abstand von 2-3 cm vom Sensor, den Sensor-Elektroden, gemessen.
    • Ultraschall-Doppler-Effekt-Verfahren:
      Diese Messung misst über die Eindringtiefe des Ultraschall-Pfades, meist im 45° Winkel, die Fließgeschwindigkeit durch Auswertung der Frequenz-Verschiebung. Jedoch nicht punktuell, d.h. die örtliche Lage der Geschwindigkeits-Messung ist nicht bekannt.
    • Ultraschall-Kreuz-Korrelations-Verfahren:
      bei diesem Verfahren werden in bis zu 16 „Mess-Fenstern“ auf dem Messpfad verteilt (Länge abhängig vom Wasserstand), die jeweils örtlichen Fließgeschwindigkeiten erfasst. Diese Messung liefert mit den 16 Einzelmesswerten somit sogar das örtliche Fließgeschwindigkeits-Profil, über dies dann die mittlere Geschwindigkeit des Messpfades berechnet wird.

Nachfolgend werden die zwei am weitest verbreiteten Handmessgeräte-Varianten mit mechanischem Schaufelrad und magnetisch-induktiver Messsonde betrachtet. Beide arbeiten punktuell. Somit ist die Höhenlage der örtlich ermittelten Fleißgeschwindigkeit bekannt.

Das Vorgehen:

Als erstes muss am Uferrand ein Referenzpunkt gesetzt werden. Von diesem aus werden die Abstände zu den, über den Gerinne-Querschnitt verteilten, Messlotrechten gemessen.

Bei der Verteilung der Messlotrechten ist darauf zu achten, dass keine Messlotrechte mehr als 5% des Gesamtdurchflusses bemisst. Von daher sind mind. 20 Messlotrechte zu verteilen(!) Bevor nun die einzelnen Messungen durchgeführt werden können, muss der Geschwindigkeits-Mess-Modi ausgewählt werden. Je nach Hersteller gibt es hier verschiedene Mess- und Auswerte-Modi. Diese beziehen sich auf die Anzahl der punktuellen Geschwindigkeitsmessungen pro Mess-Pfad. Z.B. könnte ein Mess-Modi sein, eine Geschwindigkeitsmessungen pro Mess-Pfad in einer Höhe von 20% der aktuellen Wasserhöhe. Oder drei Geschwindigkeits-Messungen pro Mess-Pfad in den Höhen 20%, 50% und 70% der aktuellen Wasserhöhe. Das heißt, dass der Fließgeschwindigkeitssensor an jeder Messlotrechten in die jeweils richtige Höhen-Position gebracht werden muss.

Nun muss an jeder Messlotrechten der Wasserstand ermittelt und zusammen mit der Position der Messlotrechten eingetragen werden. Dann müssen, je nach Mess-Modi die (verschiedenen) Höhenlage(n) des Fließgeschwindigkeitssensor, in Abhängigkeit des aktuellen Wasserstandes an der Messlotrechten, eingestellt und die Geschwindigkeitsmessung(en) durchgeführt werden. Dann weiter zur nächsten Messlotrechten. Bis alle Messlotrechte bemessen sind, können je nach Genauigkeit der Handhabung schon 1 bis 2 Stunden benötigt werden. Am Ende gibt das Handmessgerät den ermittelten Durchflusswert aus.

Nachfolgende Abbildung veranschaulicht dieses Vorgehen:

Mögliche Fehlerquellen bei der Durchführung:

    • Weniger als 20 Messlotrechte, dadurch entsteht eine erhebliche Ungenauigkeit, zum einen in der Gerinne-Profil-Geometrie-Aufnahme und zum anderen, in der Gewichtung der einzelnen Messlotrechten (Qt <= 5% Qmax)
    • Bei 20 Messlotrechten können leicht unbemerkte Ablese- und Eingabefehler der manuellen Wasserstandmessung auftreten.
    • Fehler / Ungenauigkeiten bei der Abstandsmessung der einzelnen Messlotrechten.
    • Fehler bei der wasserstandabhängigen Höhenpositionierung des Geschwindigkeits-Sensors.
    • Störung des punktuellen Durchflusses, da eine Person unmittelbar bei der Sensor-Positionierung im Wasser steht.

Fazit:

Unter Berücksichtigung aller notwendigen Einzel-Schritte und der hohen Anzahl an Fehlermöglichkeiten, kann diese Messung schnell um 10-20% danebenliegen.

Hier ist gut ausgebildetes und geschultes Personal wichtig um die Fehlermöglichkeiten gering zu halten.

Messtechnik-Beispiele:

    • Ott NF pro

Die Messung mit einem temporär installierten portablen Messgerät

Bei dieser Messgeräte-Technik liegt der Augenmerk darauf die Sensorik temporär im Gerinne zu installieren, zu befestigen. Die Sensoren können wahlweise auf dem Gerinne-Boden montiert werden, oder an Schwimmern unter der Wasseroberfläche. Eine Sensor-Installation mittels Schwimmer ist an großen Gerinnen relativ einfach möglich.

Die Wahl der Sensor-Technologie sollte auf das Ultraschall-Kreuz-Korrelations-Verfahren fallen. Diese Technik ist seit über 10 Jahren auf dem Markt und heute Stand der Technik. Das Verfahren misst an bis zu 16 einzelnen Positionen die örtliche Fließgeschwindigkeit und liefert neben der tatsächlichen mittleren Pfad-Geschwindigkeit auch gleichzeitig Informationen über das Fließprofil im Mess-Pfad – dies alles im Sekundentakt.

Das Vorgehen:

Sensor-Installation:

Bei diesem erfahren ist es nicht mehr nötig mit dem Sensor „durch“ den durchflossenen Gerinne-Querschnitt hindurch zu gehen. Hier wird der Fließgeschwindigkeits-Sensor in der Mitte des Gerinne-Profils angebracht, oder die Sensoren, bis zu drei in der portablen Version möglich, nach einer Gauß-Verteilung über die Gerinne-Breite verteilt und montiert.

Die Befestigung wird, wenn an der Messstelle das Wasser vorübergehend ab-geschiebert werden kann, an der Gerinne-Sohle durchgeführt, dann messen die Sensoren von unten nach oben, oder mittels Schwimmer an der Wasseroberfläche, in diesem Falle messen die Sensoren dann von oben nach unten. Die Variante der Schwimmer-Montage ist an Flüssen, Bächen oder Bewässerungskanälen die einfachste Installation. In diesem Falle reicht z.B. ein Surfboard aus, an dessen Unterseite der Sensor befestigt wird. Der Schwimmer wird dann mittels zwei Seilen in der Mitte der Gerinne-Breite fixiert und das Sensor-Kabel an einem Seil zum Ufer, zum Messumformer, geführt.

Gerinne-Profil Erfassung:

Im nächsten Schritt ist nun das genaue Querschnitts-Profil an der Position des Sensor-Messpfades zu ermitteln. Dies geschieht nun ähnlich wie bei der oben beschriebenen Handmessung. Hier muss nun ebenfalls, von einem Referenz-Punkt am Ufer ausgehend, die Distanz zur Messlotrechten und der jeweilige Höhenwert erfasst werden. Dies kann über 32 Stützpunkte erfolgen. Sollte der Wasserstand zu tief sein, kann zur Höhenmessung an den Messlotrechten auch der am Schwimmer montierte Sensor verwendet werden. Hierbei positioniert man den Schwimmer mit Hilfe eines Doppelseiles an den jeweiligen Positionen über der Gerinne-Breite. Der angezeigte Messwert ist die aktuelle Fließhöhe, diesem muss nun noch die Höhe vom Referenzpunkt zur Wasseroberfläche hinzugefügt werden.

Nachfolgende Grafik veranschaulicht die Messlotrechten zur Gerinne-Profil Aufnahme.

Ist die Profilaufnahme erfolgt, werden die Werte, Distanz und Tiefe, in einer Stützpunkt-Tabelle im Gerät eingetragen.

Messwertaufnahme:

Ist die abschließende Parametrierung erfolgt, können die Messreihen gestartet werden. Das Messgerät zeichnet dann im festgelegten Intervall die Messwerte der aktuellen Fließhöhe, -Geschwindigkeit, Durchflussmenge und Wassertemperatur auf.

Die nachfolgende Abbildung zeigt die Sensor-Installation in der Variante „Schwimmer“ in einem natürlichen Gewässer-Profil:

Nun liegt es an Ihrem Mess-Ziel, bzw. an Ihrem Genauigkeitsanspruch, wieviel Zeit sie nun der laufenden Messung einräumen. Ob sie nun die Messung nach 10min. aus z.B. 15sec. Mess- und Speicherwerten (40Werte), nach einer Stunde mit z.B. 30sec. Mess- und Speicherwerten (120Werte), nach 24Stunden mit z.B. 1min. Mess- und Speicherwerten (1.440Werte) oder nach einer Woche beenden.

>> sehen Sie sich hierzu bitte den Blog-Artikel „Momentan Messwertaufnahme vs. Messzeitreihen“ an.

Mögliche Fehlerquellen bei der Durchführung:

    • Zu wenige Messlotrechte = ungenaues Querschnittsprofil = Fehler durch die Flächenberechnung

Fazit:

Die Umsetzung einer Durchfluss-Messung ist in dieser Variante sehr anwenderfreundlich, einfach und fehlerfrei durchführbar.

Hier sind hohe Genauigkeiten mit einer Fehlerrate von 3% erzielbar.

Messtechnik-Beispiele:

    • NIVUS NivuFlow Mobile 750

Abschließende Bemerkung:

Beide dargestellten und beschriebenen Varianten zur Durchführung einer Durchfluss-Messung liefern am Ende einen Durchflussmesswert. Der Aufwand vor Ort ist im ersten Augenschein nahezu der Gleiche. Allerdings erhalten Sie bei der Handmessung lediglich einen einzelnen Durchfluss-Wert. Um diesen sinnvoll verifizieren zu können sollte diese Messung mind. drei bis fünf Mal durchgeführt werden. Mit diesem Aufwand ist die temporär installierte Durchfluss-Messung nun deutlich schneller durchgeführt und liefert Ihnen sofort eine Mess-Zeit-Reihe. Der zweite Vorteil an der temporär installierten Messtechnik besteht darin, dass der Messumformer durch das Kreuz-Korrelations-Verfahren nicht nur an einem Ort die Geschwindigkeit misst, sondern an bis zu 16 Messpunkten über den Ultraschall-Mess-Pfad verteilt.

Nehmen wir an, dass eine Durchführung der Handmessung vor Ort eine Stunde dauert, dann benötigen Sie bei einer dreimaligen Durchführung zur Verifizierung 3 Stunden. Sie haben dann drei verschiedene Messwerte mit gegebener Abweichung erhalten. In dieser Zeit hat die temporär installierte Durchfluss-Messung bei einem 15sec. Mess- und Speicherzyklus nun über zwei Stunden 480 Messwerte erfasst. Aus diesen Messreihen sehen Sie sämtliche Füllstand-, Geschwindigkeits- und Durchfluss-Schwankungen.

Hier stellt sich nun wieder die Frage nach dem gestellten Genauigkeitsanspruch für den ermittelten Durchfluss-Messwert.

Ich hoffe ich konnte Ihnen in diesem Block-Beitrag eine kleine Übersicht zu den Durchführungsmöglichkeiten einer Durchflussmessung geben.

Sollten Sie hierzu noch Fragen oder Anregungen haben können sie diese gerne im Blog-Kommentar stellen.


 

Autor: Martin Vogt

... über 20 Jahre Erfahrung im Bereich Wasser-Durchflussmessungen.

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